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Inklusion trifft Nachhaltigkeit: Die RollOn-Gala macht’s vor

27. November 2025

RollOn Austria setzt sich für die Rechte, Mobilität und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ein. Der gemeinnützige Verein treibt Barrierefreiheit in Gesellschaft, Kultur und Infrastruktur voran. Im Interview sprechen wir mit Jurij Pfauser (Stellvertreter von Obfrau Marianne Hengl), wie Green Events Tirol Barrierefreiheit mitdenken können.

Die jährlich stattfindende RollOn-Gala ist eine Benefiz- und Awareness-Veranstaltung im Congress Innsbruck, bei der Menschen mit Behinderungen im Mittelpunkt stehen. Persönliche Lebensgeschichten, Leistungen und Inklusionsanliegen werden sichtbar gemacht. 

Lieber Herr Pfauser, 

die RollOn-Gala wurde dieses Jahr bereits zum 28. Mal durchgeführt. Was hat Sie dazu bewogen, die Veranstaltung erstmals als Green Event durchzuführen? 

Wir haben immer versucht, uns bei jeder Gala im Vergleich zum Vorjahr zu verbessern - Dinge anders zu machen, die nicht so optimal funktioniert haben oder wo wir Verbesserungspotential gesehen haben. Heuer war es für uns wichtig, unsere Gala mit 600 Gästen als Green Event durchzuführen – eine große Verbesserung! Auch wenn wir bei bisherigen Veranstaltungen die Kriterien teils umgesetzt haben, war die Auszeichnung an der Zeit. Als Veranstalter einer so großen Gala haben wir eine Vorbildfunktion, eine Verantwortung und die Möglichkeit andere zu motivieren.

Viele soziale Einrichtungen legen ihren Schwerpunkt auf soziale Leistungen und tragen damit erheblich zur sozialen Teilhabe bei. Teils fehlt aber noch das Bewusstsein für die ökologischen und ökonomischen Aspekte von Nachhaltigkeit. Was glauben Sie, welche internen Hürden verhindern oft die ganzheitliche Nachhaltigkeitsplanung in sozialen Organisationen? 

Ich glaube, dass dies gar nichts damit zu tun hat, ob es sich um eine soziale Organisation handelt. Dieser gesamtheitliche Ansatz, was die Nachhaltigkeit betrifft, fehlt sicherlich bei vielen Organisationen. Einerseits hat dies mit fehlendem Bewusstsein zu tun, dann könnten auch die oft fehlenden personellen Ressourcen eine Rolle spielen, warum man das Thema Nachhaltigkeit ausklammert. Wie in vielen anderen Bereichen auch braucht es jemanden in der Organisation, der dieses Bewusstsein für ökologische und ökonomische Aspekte mitbringt und diese, mit Unterstützung von Green Event Tirol, auch umsetzen möchte. Eure kostenlose Unterstützung ist hier sehr wertvoll! 

Gab es aus Ihrer Sicht Zielkonflikte zwischen Barrierefreiheit und den anderen Green Events Maßnahmen?

Nein, bei unserer Gala wird natürlich Barrierefreiheit großgeschrieben. Als Behindertenverein sind wir bemüht, dass alle Menschen an unserer Veranstaltung teilnehmen können. Auch ein Grund, warum wir heuer erstmals in der Dogana, im Congress Innsbruck gefeiert haben - ein Saal, der wirklich barrierefrei ist. Ich wüsste nicht, welche Green Event Kriterien einer Barrierefreiheit im Weg stehen sollten. Barrierefreiheit als Teil eines Green Events zu verankern, finde ich einen sehr wichtigen Ansatz.  

Welche drei sofort umsetzbaren Maßnahmen von Green Events würden Sie sozialen Einrichtungen empfehlen? 

Den Veranstaltungsort gewissenhaft auswählen. 
Besonders auf Barrierefreiheit, in jeglicher Hinsicht, achten. 
Die An- und Abreise zur Veranstaltung möglichst barrierefrei und unkompliziert gestalten. Sich die Frage stellen "Wie kann ich meinen Gästen eine möglichst umweltfreundliche Anreise ermöglichen?" (zB. VVT-Eventticket)

Interessanterweise ist vielen Veranstalter:innen nicht bewusst, dass Inklusion bei Green Events eine wichtige Rolle spielt. Welchen Tipp haben Sie für Veranstalter:innen, die glauben, Barrierefreiheit sei zu teuer oder kompliziert? 

Wenn Inklusion und Barrierefreiheit bei der Planung von Anfang an mitgedacht werden, beispielsweise bei der Auswahl des Veranstaltungsortes, ist dies weder teuer noch kompliziert. Natürlich kann es passieren, dass dann eine Location, an die man gedacht hätte, nicht mehr in Frage kommt. Aber die Auswahl ist in Tirol nicht klein und viele erfüllen diesen inklusiven Gedanken schon.  

Der Congress Innsbruck ist baulich barrierefrei und verfügt auch über technische Hilfsmittel wie Induktionsschleifen. Manchmal steht keine barrierefreie Location zur Verfügung und Budget und Raum sind begrenzt. Welche Maßnahmen zur Barrierefreiheit würden Sie prioritär umsetzen?  

Wenn bei der Veranstaltung bekannt ist, wer die Gäste sind, kann auf die individuellen Bedürfnisse dieser eingegangen und so eine Prioritätenliste erstellt werden. Dies ist sicherlich nur eine Notlösung, da die Idee von Inklusion ja ist, es allen Menschen zu ermöglichen, dabei sein zu können. Natürlich kommt es auch auf die Art der Veranstaltung an. Bei einer Sportveranstaltung werden andere Barrierefreiheitsmaßnahmen wichtig sein wie bei einem Konzert oder einer Gala. Barrierefreiheit ist ein sehr komplexer Begriff und sehr vielseitig - es gibt keine allgemeine Antwort.

Nun nochmal zurück zur RollOn-Gala. Über 70% der Emissionen bei einer Veranstaltung sind auf die An- und Abreise zurückzuführen. Gab es bei Ihrer Gala Maßnahmen zur Förderung einer umweltfreundlichen Anreise? 

Ja, wir haben all unseren Gästen ermöglicht, mittels dem VVT-Eventticket öffentlich und kostenlos zu unserer Gala an- und abzureisen. 

Kamen vor Ort technischen Hilfsmittel zum Einsatz? 

Wir hatten Gebärdendolmetscher:innen im Einsatz und auch eine Induktionsschleife gab es im Saal. 

Wie wurde bereits bei der Anmeldung auf besondere Bedürfnisse eingegangen?

Unsere Achter-Tische bei der Gala werden meist von Firmen gekauft und die Karten dann an Mitarbeiter:innen, Kund:innen oder Partner verteilt. Von den meisten Gästen wissen wir im Vorfeld nicht, ob es sich z.B. um eine Rollstuhlfahrerin oder einen gehörlosen Gast handelt. Bei persönlicher Nachfrage gehen wir selbstverständlich so gut wie möglich auf die individuellen Bedürfnisse und Wünsche des Gastes ein. 

Barrieren gibt es sehr vielfältige und wahrscheinlich wird man es nicht schaffen, alle zu beseitigen. Sollte man daher nicht eher von barrierearm sprechen? 

Vermutlich kann Barrierefreiheit nie ganz erreicht werden, weil die Ansprüche daran sehr umfangreich und vielfältig sind. In gewissen Bereichen ist es leichter als in anderen. Barrierearm würde vermutlich in vielen Fällen besser passen, oder auch „eingeschränkt barrierefrei“. Wichtig ist nicht, welches Wort wir verwenden, sondern dass wir in allen Bereichen an einer möglichst umfassenden Barrierefreiheit arbeiten. Und hier gibt es mit Sicherheit viele Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. 

Gibt es zum Schluss noch inklusive Maßnahmen, welche für andere Veranstalter:innen relativ leicht umsetzbar sind? Welche "Fehler" könnten sich andere Green Event Veranstalter:innen sparen?

Eine Gebärdendolmetscher:in bei einer Veranstaltung einzuplanen, ist sicherlich leicht umsetzbar. Auch die Wahl einer barrierefreien Location sollte gut möglich sein.  

Eine Veranstaltung als Green Event zu planen ist immer mit Arbeit und diversen Herausforderungen verbunden. Es ist es aber auf alle Fälle wert. Und sollte man einen „Fehler“ machen, war dieser vielleicht auch wichtig, um sich weiterentwickeln zu können. Nicht alle, die mit den Ideen von Green Event in Berührung kommen, sind gleich Feuer und Flamme. Aber es lohnt sich auf alle Fälle, auch skeptische Menschen mit ins Boot zu holen und zu versuchen, sie für diese Idee zu begeistern. 

Herzlichen Dank für das Interview!

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